Auf ein Wort…

Lange habe ich überlegt, ob ich solch einen Beitrag überhaupt online stelle. Ich meine: als Blogger zu behaupten, dass bloggen zur Qual wird; das soll schon einiges heißen.  Bevor aber jetzt gegenargumentiert, Dinge in die Welt gesetzt werden undundund: es ist nicht mehr so!

Wofür ist ein Blog eigentlich da?

Blogger schreiben über sich; über Dinge, die sie erleben; erzählen von den Dingen, womit sich ihr Blog beschäftigt. Früher war ein Blog vor allem eines: ein Online-Tagebuch. Ja. Man scheute sich nicht davor seine Gedanken und Empfindungen online zu stellen, tat dies aber meistens ganz anonym. Früher zeigte man nicht sein Gesicht auf der Website und von einem Impressum war nur auf den wenigsten Seiten etwas zu lesen, sodass man nicht dahinter kommen konnte, wer da überhaupt postete. Heute ist das anders.

Heute weiß man meistens, wer wann wo ist, was er gerade tut, wie er sich dabei fühlt. Der Medienkonsum erreicht Ausmaße, die vor wenigen Jahren noch unvorstellbar waren. Und wir alle hängen drin. Sei es das regelmäßige Posten auf Facebook, Fotos einstellen bei Instagram, Videos auf Youtube schauen oder selber hochladen.
Wir sind dabei.

Und ja: auch ich wollte dabei sein. Reisewölkchen habe ich für mich, meine Familie und Freunde ins Leben gerufen. Doch warum auch nicht weitere Leute finden, die Interesse daran haben, was man so tut und wie man alles bewerkstelligt. Hunderte Reisenblogger machen es täglich. Ich wollte einer davon sein. Jeden Tag, mindestens aber alle zwei Tage einen Post online setzen. Auf die Reaktionen der Leser warten. Hatten sie auch so etwas erlebt? Wie wären sie mit meiner Situation umgegangen? All‘ das und noch viel mehr. Dass die meisten Reiseblogger mit ihrem Blog ihr Geld verdienen, war mir zwar bewusst; änderte aber nichts an der Tatsache, dass ich an dem Kontingent von Beiträgen zurückschrauben wollte.

In einem meiner letzten Beiträge habe ich geschrieben, dass auch kleine Blogs eine Daseinsberechtigung haben. An diesem Standpunkt hat sich, nach einigen Wochen, immer noch nichts geändert. Auch ich sehe Reisewölkchen als kleinen Blog. Es lässt sich nicht mit Blogs konkurrieren, auf denen täglich 1000 Leute Tipps und Tricks zu ihren Abenteuern suchen. Wie denn auch? Schließlich steht von meinen Reisen, welche ich unternommen habe nur ein Bruchteil hier aufgeschrieben. Ein winziger Teil, wie mir erst wieder beim Blogumzug bewusst wurde. Zum Beispiel findet sich in der Rubrik Europa, ausschließlich Deutschland und England. Dass ich aber auch in Belgien, ein paar Stunden in Dänemark, in Frankreich und in den Niederlanden war, davon steht da nichts. Ich kann mich gar nicht messen. Und ich will es auch nicht. Nicht mehr…

Mir war es wichtig, dass Leute denen ich wichtig bin, so ziemlich all‘ das verfolgen können, was ich während meiner Reise erlebe. Ein Blog, ein Online-Tagebuch, sollte eines meiner Rubriken werden. Jeden Tag wollte ich niederschreiben und am Ende beinahe ein komplettes Jahr rekonstruiert haben. Für Familie, Freunde und für mich. Und für die Leute, die überlegen, ob ein Working Holiday in Japan etwas für sie ist.

Im August kamen, im Gegensatz zu den darauffolgenden Monaten, regelmäßig Einträge. Nicht so oft, wie ich es mir gewünscht und auch vorgenommen hatte, aber so, dass ich mit der Rate der Veröffentlichungen zufrieden war. Schließlich war das hinausgehen und erleben von neuen Abenteuern wichtiger als darüber zu schreiben. Wie sollte ich schreiben, wenn ich nichts erlebt hatte? Und das Erleben wurde wichtiger. Wichtiger als darüber zu schreiben. Was selbstverständlich sein sollte.

Die Wochen vergingen und ich fand mich in einem Tief wieder, was fast den ganzen Oktober über andauerte. Eigentlich der ideale Zeitpunkt Beiträge aufzuarbeiten, Fotos einzusortieren und was nicht noch alles getan werden musste. Im Enddefekt habe ich in diesem einen Monat fast 500 Detektiv Conan-Folgen aufgeholt. Manche in der regulären Länge von 25 Minuten, manche in Special-Länge, die ungefähr zwei Stunden betrifft.
Aber wieso? War mir mein Blog etwa nicht wichtig genug? Nein, keineswegs. Ich liebte ihn. Monatelang hatte ich überlegt, welchen Namen er bekommen sollte, wo ich hosten sollte, was online kommen sollte undundund. Ich liebte und liebe ihn bis heute. Es war meine Arbeit, die ich in die Welt hinaustrug. Meine Erlebnisse, mein Leben. Es sollte nicht alles für die Katz‘ gewesen sein.

Und doch konnte ich mich nicht dazu aufraffen, Tage meines Abenteuers online zu stellen. Aus einem einfachen Grund: es waren so viele. Es liegt nicht daran, dass ich nicht noch bis heute wüsste, was ich an jedem Tag gemacht hatte. Auch jetzt noch schreibe ich täglich in meinen Kalender, was passiert war. Ein kleines Tagebuch: nur für mich.

Aber der Druck, der mich täglich verfolgte, weil ich wieder nichts geschrieben und gepostet hatte, überrannte mich. Ich wollte mein tägliches Dasein während meinem Working Holiday online stellen. Jetzt bin ich auf der Zielgraden und habe immer noch nicht den August beendet. Mit dem Blogumzug und meinen Gedankengängen, die ich vor und nach meinem kurzen Break in Deutschland hatte, wurde mir aber bewusst: der Blog kann da nichts für.

Warum lesen die Leute deinen Blog? Sie wollen dich begleiten. Sie wollen mit mir Japan erleben. Und Japan hat nicht nur Highlights, sondern auch Alltagstrott. Und Alltagstrott findet man schon auf meinem Blog. Findet man schon während der Augustbeiträge.
Ein Blog lebt vom Austausch. Leider gab es wenig Reaktionen auf meine Tagesbeiträge im Gegensatz zu anderen Postings, über die im Netz gesprochen wurde. War vielleicht doch nicht so ganz interessant für die Leute in aller Welt, wie ich jeden Tag verbringe?! Ja, scheint so. Ist aber nicht schlimm.

Denn im Enddefekt bloggt man für sich. Und ich blogge. Ich blogge meine Tagesbeiträge still und heimlich in meinen Kalender und kann auch noch in zehn Jahren sagen, was ich während meines Working Holidays so alles getrieben habe. Es ist wichtig, für mich. Ob es für meine Leser wichtig ist: wer weiß das schon.

Dieses Posting trägt die Überschrift ‚Wenn bloggen zur Qual wird‘. Das Bloggen allgemein nicht. Aber die Tatsache, dass man sich tagtäglich überlegte, wie man all‘ die verlorenen Tage aufholen konnte, wann man wieder mit dem posten weitermachen sollte, ob das Ganze zwei Monate später noch Sinn ergab: das wurde zur Qual!

Also habe ich mich entschieden auf weiteres nur meine Highlights zu posten. Keine Tagesbeiträge mehr. Die Option irgendwann einmal, Tag X zu posten steht mir weiterhin offen. Ich werde meinen Kalender nicht weggeben und werde noch in Zukunft wissen, was ich an den verschiedensten Tagen gemacht habe.

Sollte irgendwann wieder einmal Interesse bestehen – bei meinen Lesern oder bei mir – lässt sich dieses Kapitel vielleicht ein neues Mal aufrollen. Mir ist es wichtig, dass der Gedanke „Du musst posten“ verschwindet. Und das wird er dann, wenn ich mir bewusst werde, dass nicht noch über hundert Tage auf ein Posting auf diesem Blog warten.

Wer Interesse hat, kann mich anschreiben. Ich kann euch gerne erzählen, was ich wann und wo gemacht habe; meist auch noch wie es mir zu dem Zeitpunkt ging. Aber ich möchte nicht mehr mit der Qual umgehen, posten zu müssen.

Reisewölkchen soll ein Blog sein, der jedem ermöglicht mit mir quer über den Globus zu reisen. Dass es einem auch mal schlecht gehen kann. Dass man an seinen Entscheidungen auch zweifeln kann. Dass ein Working Holiday nicht nur Friede Freude Eierkuchen ist, vor allem nicht dann, wenn man ganz allein auf sich gestellt ist. Es ist harte Arbeit.
Genauso wie es harte Arbeit ist, einen Blog zu eröffnen und ihn zu füllen. Ich hoffe, dass mir das füllen ab sofort besser gelingt. Denn jetzt wo meine Entscheidung, nicht mehr Tagesposts zu verfassen, auf diesem Blog festgeschrieben und für alle einsehbar ist, ist das „muss“ verschwunden.

Ich bin nur ein Mensch. Ich verdiene mit meinem Blog kein Geld. Ich kann auch mal keine Lust haben, mich ranzusetzen und zu tippen, wenn die Sonne scheint und ich rausgehen möchte oder es regnet und ich lieber mit einem Buch auf dem Sofa sitze und lese. Ich bin ein Mensch. Und ich sollte mich keiner Qual aussetzen, die meine vorangegangene Arbeit so zerstören kann.

Nach dem Umzug geht es hoffentlich flüssiger über die Bühne. Ich hoffe, auch nach diesen ehrlichen Worten, bleibt ihr mir weiterhin treu.

Grüße aus Tokyo an euch! ♥

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